Das Moderne der modernen Gesellschaft
In: Die Modernisierung moderner Gesellschaften: Verhandlungen des 25. Deutschen Soziologentages in Frankfurt am Main 1990, S. 87-108
Der Soziologie fehlt für die Analyse der modernen Gesellschaft eine Semantik des Zusammenhangs von Struktur und Semantik und/oder eine Theorie der Selbstbeschreibung der sich über Strukturen reproduzierenden Gesellschaft. Nach begriffsgeschichtlichen Betrachtungen schlägt der Autor vor, die Methode der Theorievariation an Beispielen auszuprobieren. Dabei gelangt er zu folgenden Thesen: 1. Technik, im umfassenden Sinne begriffen, ist funktionierende Simplifikation; 2. Individuum im modernen Sinn ist, wer sein eigenes Beobachten beobachten kann; 3. Die Wirtschaftsordnung des Kapitalismus ist eine soziale Konstruktion, sie beruht auf sich selbst, sie funktioniert überall nach der Logik der Geldwirtschaft; 4. Für eine Theorie der modernen Gesellschaft ist es notwendig, die Einheit der Unterscheidung von Selbstreferenz und Fremdreferenz zu denken, die in der Spezifik der Bedingungen der Möglichkeit einer Beobachtung zweiter Ordnung liegt; 5. Die Unterscheidung von Referenz (Selbstreferenz/Fremdreferenz) und Codierung (positiv/negativ) sollte auf ihre Relevanz für aktuelle Theoriediskussionen hin überprüft werden (der Autor bringt als Beispiele die Rechtstheorie, die Wissenschaftstheorie und das Wirtschaftssystem); 6. Das System der modernen Gesellschaft ist auf Irreversibilität hin festgelegt. Es ist ohne Staat, Recht, Geld, Forschung, Massenkommunikation nicht denkbar. Abschaffung solcher staatlichen Subsysteme ist nur als Katastrophe im streng system-theoretischen Verständnis denkbar. Fazit: "Wir sind aus der Zeit der allgemein geltenden Formen heraus" (Novalis). (psz)